Astrologische Pioniere in
Deutschland im 20. Jahrhundert
Claudia von Schierstedt
erschienen in Meridian 2/1997
Horoskopdaten: * 4. 2. 1892, 20: 30 MEZ, Dresden/D,
Quelle: AR 22.Jhg.
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Alfred Max Grimm wurde am 4.2.1892 laut amtlicher
Aufzeichnungen um 20: 30 Uhr in Dresden geboren. Einem Brief von
Gräfin Wassilko zufolge soll er ursprünglich Friseur gewesen
sein. Doch als Urenkel Johann Sebastian Bachs hat er auch Klavier
und Gesang (Bariton) studiert. Er hatte noch einen älteren
Bruder (*1882) und eine ältere Schwester (*1885). Er erlernte
mehrere Sprachen (auch russisch) und eignete sich autodidaktisch
auf vielen Gebieten ein enormes Wissen an. Von 1915 bis 1919 war
er im Heeresdienst, und erlebte dort den ersten Weltkrieg.
Schon im Alter von 20 Jahren kam Grimm
mit der Astrologie in Berührung und wurde Schüler von
Brandler-Pracht. Wie sein Lehrer mußte auch Grimm bei seinem
Studium der Astrologie auf die alten astrologischen Quellen des
Mittelalters und der Renaissance-Zeit zurückgreifen, da es zu
dieser Zeit noch kaum deutschsprachige Literatur über Astrologie
gab. Unermüdlich studierte er die alten Werke über Astrologie
und übertrug vieles davon in die deutsche Sprache. Er
beschäftigte sich mit allen astrologischen Richtungen (z.B. auch
mit indischer Astrologie) und Anwendungsgebieten. Sein großes
astrologisches Steckenpferd war die Astrometeorologie.
Ab 1915 lebte er in München und blieb bis zu seinem
Lebensende im Voralpenland südlich von München ansässig. Er
arbeitete als professioneller Astrologe, und lebte
ausschließlich von seiner astrologischen Praxis. Dadurch kam er
auch mit dem bayerischen Gaukeleiparagraphen (Paragraph 54) in
Konflikt und wurde angeklagt. Am 18.4.1921 wurde seine Wohnung
durchsucht, und alle astrologischen Bücher und Aufzeichnungen
wurden beschlagnahmt. In seinem Prozess trat sein kämpferischer
Geist für die Astrologie in Aktion. Der genaue Ablauf des
Prozesses ist in einem Sonderband seiner Uranus-Bücher
veröffentlicht worden. Dieser Prozess erregte so viel Aufsehen,
daß Grimm 1947 bei einem Prozess gegen einen anderen Astrologen
vom Gericht als Gutachter gehört wurde. Auch mit den
akademischen Astrologiegegnern, wie zum Beispiel mit Dr. Ludwig
Reiners, setzte sich Grimm hart auseinander. Energisch wandte er
sich auch gegen das astrologische Pfuschertum in den eigenen
Reihen.
Grimm war der Urheber astrologischer Kongresse in Deutschland.
1922 berief er den ersten internationalen Astrologen-Kongress
nach München ein. Dieser fand vom 16. - 18. September 1922
statt. Im Juli 1923 folgte der 2. Kongress in Leipzig in den
Räumen des Theosophischen Verlagshauses, zu dem alle bekannten
Größen der damaligen astrologischen Szene anreisten. Auf Grimms
Initiative hin wurde hier die Deutsche Astrologische
Zentralstelle gegründet, die ab 1930 unter der Leitung von Dr.
Hubert Korsch die einzigartige astrologische Zeitschrift 'Zenit'
herausgab.
Grimm veröffentlichte zahlreiche astrologische Lehrbücher
und Hilfstabellen (die anerkannt besten und vollständigsten
Ephemeriden, Zeitzonentabellen, Häusertabellen,
Ortsverzeichnisse), und schrieb unzählige Artikel in
astrologischen Fachzeitschriften. In den Jahren 1923 bis 1925 gab
er die Deutsche Astrologen-Zeitung heraus, die sehr interessante
Abhandlungen über die einzelnen Fixsterne und vieles mehr
enthielt. 1925 erschien sein Buch 'Astrologie und Politik -
Europas Zukunft', in dem er Prognosen für den Zeitraum 1925 bis
1975 veröffentlichte. Erstaunlich viele dieser Prognosen trafen
ein.
Er schuf mit seiner Forschung viele Grundlagen, auf die sich
andere Astrologen stützten. Trotzdem blieb Grimm immer ein wenig
isoliert in den Akademiker-Astrologen-Kreisen der 20-er Jahre.
Er interessierte sich für alle Grenzgebiete und drang tief in
die Welt von Mystik, Magie und Okkultismus ein. Er erforschte die
Prophezeiungen des Nostradamus und beschäftigte sich mit Goethe
und Leonardo da Vinci.
Am 8. August 1962 starb Grimm gegen 15 Uhr mit 70 Jahren in
Unterammergau an einem Herzschlag. Grimm hatte schon im Winter
1958/59 einen Herzinfarkt erlitten, von dem er sich nur langsam
wieder erholt hatte. Das Solar von Grimms Geburtstag 1962 fiel
auf den Tag einer Sonnenfinsternis, und die Häuserspitzen des
Solars waren mit den Häuserspitzen des Radix fast identisch.
Grimm war sich der Gefahr dieser Konstellationen wohl bewußt,
wie aus seiner Korrespondenz mit Gräfin Wassilko hervorging.
Sein geistiger Nachlass ging in die Obhut von Fritz
Brunhübner.
Quellen:
ÖAG, Wassilko-Dokumentation
Ellic Howe, Uranias Kinder
Neuer Zenit, 4.Jhg. 1957, Heft 2
Tradition und Fortschritt, 1960, Heft 12
Astrologische Monatshefte, 13. Jhg. 1961, Hefte 7-8
Astrologische Monatshefte, 14. Jhg. 1962, Hefte 8-10
Garisch, Berliner Beiträge, 1963, Heft 1
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