Astrologische Pioniere in
Deutschland im 20. Jahrhundert
Claudia von Schierstedt
erschienen in Meridian 3/1997
Horoskopdaten: * 21. 9. 1890, 18: 12 LMT,
Rügenwalde/D, Quelle: IHL 1
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Johannes Vehlow wurde am 21. September 1890 um 18 Uhr 12 in
Rügenwalde geboren. Die Geburtszeit wurde von Vehlow selbst
korrigiert und ist durch seine Schülerin Traute Petzold (Berlin)
überliefert. Schon in jungen Jahren kam Vehlow nach Berlin, wo
er bis zu seinem Lebensende ansässig blieb. Er betätigt sich
zunächst auf künstlerischen Sektor, bis er im Alter von 25
Jahren begann, sich mit Astrologie zu beschäftigen. Von da an
liess ihn die Astrologie nicht mehr los, und er ging den
überlieferten astrologischen Lehren sehr genau auf den Grund.
Wie intensiv sich Vehlow dabei mit allen Richtungen der
Astrologie auseinandersetzte, geht aus seinem 'Lehrkursus der
wissenschaftlichen Geburts-Astrologie' hervor, in dem er sehr
ausführlich die verschiedenen Gebiete der astrologischen Deutung
behandelt.
Mit 25 Jahren gründet Vehlow eine
Familie. Er heiratet und seine Frau schenkt ihm den einzigen Sohn
Manfred Vehlow. Johannes Vehlow arbeitet als Berufsastrologe,
hält zahlreiche Vorträge und beteiligt sich mit Artikeln in den
Zeitschriften 'Zenit' und 'Mensch im All' an den fruchtbaren
astrologischen Diskussionen der 20-er und 30-er Jahre.
Sein größtes Werk ist das bekannte große astrologische
Lehrwerk in 9 Bänden, das ab Ende der 20-er Jahre im
Inveha-Verlag erschien und noch heute bei der Vehlow-Gesellschaft
erhältlich ist. Im ersten Band werden zunächst die
weltanschaulichen und philosophischen Hintergründe der
Astrologie beleuchtet, dann folgt der eigentliche Kern des
Systems nach Vehlow: Das 'antike Häusersystem'. Im zweiten Band
folgen die Berechnungsgrundlagen des Horoskops, Aspekte, das
System der Würden und Schwächen, Sensitive Punkte und
Fixsterne. Im dritten Band werden die Deutungen für Planeten,
Tierkreiszeichen und Elemente, und die Deutungen der 12 Häuser
und deren Herrscher ausführlich behandelt. Im Anhang ist eine
interessante Auflistung astrologischer Analogien zu Mineralien,
Pflanzen und Tieren. Band 4 vertieft die Deutungsgrundlagen durch
die Kombinationen zwischen Planeten und Tierkreiszeichen,
Planeten und Häusern und Planeten mit Planeten, und behandelt
eingehend die Interpretation des Horoskops hinsichtlich der
verschiedenen Lebensbereiche. Danach folgen in Band 5 die
Darstellung der Direktionen und die Geburtszeitkorrektur; in Band
6 Transite, Solar und andere Revolutionen; in Band 7 geht Vehlow
auf Spezialgebiete der Astrologie (Lunationshoroskop, Esoterische
Astrologie, Karmaastrologie, Paarvergleich, Tattwas,
Astrometeorologie, Finsternisse) ein; Band 8 folgt erst 1955 und
behandelt ausführlich Aspektkombinationen und kabbalistische
Themen. Post mortem erschienen noch die beiden Bände 9/1 und 9/2
mit noch ausführlicheren Aspektdeutungen.
Neben diesem großen Werk gab Johannes Vehlow 16 Jahre lang
den Vehlow-Kalender heraus und betrieb eine eigene
Astrologieschule in Berlin. Am 17.12.1934 wurde in Hamburg um 20
Uhr 30 Uhr von Kurt Stawitz und Wilhelm Kummetat die
Astrologische Gesellschaft Vehlow in Hamburg gegründet.
Seine christlich-esoterisch geprägte Weltanschauung machte
Johannes Vehlow zum Gegner jeglicher Diktaturen. So wurde auch er
während des Nazi-Regimes bald angefeindet. Im Sommer 1941 wurde
er im Zuge der Astrologen-Razzia inhaftiert und seine Bücher
wurden vernichtet. Für ein halbes Jahr blieb er in Haft und
erhielt bis zum Kriegsende Berufsverbot. In den folgenden Jahren
war er in der Filmbranche, u.a. bei der Ufa tätig. Ende 1944
wurde er als 53-Jähriger noch zum sogenannten Volkssturm
eingezogen und geriet in russische Kriegsgefangenschaft, aus der
er glücklicherweise schon 1945 entlassen wurde. Noch einen Tag
vor der Kapitulation wurde seine Wohnung in Berlin ausgebombt.
Dabei verlor er seine Wohnung und seinen ganzen Besitz.
Nach dem Krieg widmete er sich wieder der Astrologie und
Vehlow wurde wieder Vollzeit-Astrologe: Während des Tages hielt
er Konsultationen für Klienten ab, abends widmete er sich seiner
Lehrtätigkeit.
Nach dem Krieg engagierte sich Johannes Vehlow auch wieder in
astrologischen Verbänden. Er wurde Vorstand der
Prüfungskommission des DAV in der Ortsgruppe Berlin und 1946
schloss er sich auch der Kosmobiosophischen Gesellschaft,
Hamburg, an. Ab 1947 war er Mitglied des Forschungsrates der KG.
Die erste von der KG publizierte Schrift war Vehlows Abhandlung
über 'Die Korrektur mit dem goldenen Schnitt'. In Anerkennung
seiner Leistungen auf dem Gebiet der Astrologie ernannte ihn die
Freie Universität für Psycho-Biophysik in Triest 1955 zum
Professor honoris causa.
Am 6. März 1958 um 18 Uhr 14 starb Vehlow im Alter von 67 Jahren
in Berlin ganz plötzlich an einem Herzschlag, als er gerade vor
dem Radio saß. Der transitierende Saturn lief exakt über den
Radix Mond.
Den Kern von Vehlows Deutungssystem besteht in seiner
sogenannten 'antiken Häusermanier', einem System von äqualen
Häusern. Vehlow versuchte, mit seinem Häusersystem an die
antiken astrologischen Überlieferungen anzuknüpfen. Er
postuliert ein dreifaches Häusersystem:
- Das Thema mundi bzw. die Mundanhäuser (Tierkreiszeichen)
- als Entsprechung für die Erde, das Körperliche, das
Stoffliche.
- Die Horizonthäuser bzw. die zwölf Stellen des Glücks -
als Entsprechung für den seelischen Körper des
Menschen, die Aura, das Schicksal. Das erste Haus beginnt
in diesem System 15° vor dem Aszendenten, so daß der
Aszendent exakt in die Hausmitte des ersten Hauses
fällt.
- Die Sonnenhäuser als Ensprechung für das geistige
Prinzip des Menschen, das höhere Selbst. Das erste Haus
beginnt 15° vor der Sonne, so daß die Sonne in die
exakte Häusermitte des 1. Hauses fällt.
Vehlow hatte seine Häusermethode in der Praxis erprobt, und
war davon überzeugt, daß seine Häusermethode zu 100%-igen
Treffern in der Deutung führt. Er hielt den Gebrauch der
inäqualen Häuser für gefährlich und führte Fehldeutungen auf
die inäqualen Häuserteilungen zurück. Mit dieser Einstellung
mußte er viel Kritik von anderen Astrologen hinnehmen.
Quellen:
Astrologische Monatshefte, 10. Jhg. 1958, Hefte 3-4
Neuer Zenit, 5. Jhg. 1958, Heft 4
Astrologische
Werke von Johannes Vehlow:
1922, Das Zeitalter der Unruhen und Kämpfe
1922, Das Horoskop der deutschen Republik (AsBl,
4.Jhg., Hefte 2-5)
1925, Das Horoskop des Reichspräsidenten von Hindenburg
(A.R., 17.Jhg., Heft 4/5)
1931, Das Häuserproblem in der Astrologie (AsBl,
13.Jhg., Hefte 6, 8-9)
1929-1955, Lehrkursus der wissenschaftlichen
Geburts-Astrologie in 8 Bänden und 2 Zusatzbänden
1933, Das Horoskop des Reichskanzlers Adolf Hitler
(Mensch im All, 5.Jhg., Heft 7)
1936, Wissenschaftliche Begründung der Lehre von den
Transiten (Mensch im All, 9.Jhg., Heft 2)
1937, Über Stundenhoroskope (Mensch im All, 9.Jhg.,
Heft 8/9)
o.J., Die Korrektur mit dem goldenen Schnitt
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