HERMES-Astrologie

Grundriß der Geschichte der Astrologie (Teil 1)

Teil 1 : Babylon, Ägypten, Griechenland
Teil 2 : Griechenland (Fortsetzung)
Teil 3 : Rom
Teil 4 : Rom (Fortsetzung)
Teil 5 : Araber

Quelle: Zenit, 6. Jahrgang 1935, Heft 5

Von Dr. Hubert KORSCH

Der Ursprung der Astrologie reicht bis in die Uranfänge menschheitsgeschichtlicher Entwicklung zurück. Von den ältesten Zeiten bis tief in das Mittelalter hinein waren Astronomie und Astrologie eng miteinander verbunden. Der Astronom, welcher die Erscheinungen der Gestirne am Himmel beobachtete und die Gesetze ihrer scheinbaren und wahren Bewegungen, ihre Größen, Entfernungen und physischen Eigenschaften erforschte, war gleichzeitig Astrologe, d.h., er sagte aus dem Lauf und der Stellung der Gestirne das Zukünftige, besonders das Schicksal der Menschen voraus. Die Astrologie ist erwiesenermaßen die älteste Wissenschaft. Bei den Alten vertrat sie auch den Begriff der Weltanschauung. Die ältesten Weisen übten sie praktisch aus und verbanden sie eng mit religiösem Kultus.

Schon in frühesten Zeiten hatten die Alten die periodische Wiederkehr bedeutungsvoller Tage und Ereignisse beobachtet und diese mit der gleichen Periodizität siderischer Konstellationen in Verbindung gebracht, um dann auf Grund ihrer empirischen Feststellungen, d.h. der Beobachtung des Standes und Laufes der Gestirne, die Wiederkehr solcher Tage und Ereignisse vorauszuberechnen.

Die älteste Methodik der Astrologie beruht also nicht auf deduktivem Wege, nämlich durch Schlüsse vom allgemeinen auf das Besondere zu gehen, sondern auf induktivem Wege, dem der Erfahrung.

Erst Beobachtung, dann Berechnung !

Die ersten Spuren astrologischen Denkens stammen nachweisbar aus dem 6. und 7.  Jahrhundert v.Chr. Ausgrabungen in der Mitte des vorigen Jahrhunderts auf dem linken, östlichen Ufer des Tigris, in der Nahe der alten Hauptstadt Assyriens, Ninive, auf dem Hügel Kujundschik, förderten astrologische Aufzeichnungen aus Babylon und Ninive zutage. Man fand dort etwa 4000 Keilschrifttafeln aus der Bibliothek des assyrischen Königs Assurbanipal (669-625 v.Chr.), die in das Britische Museum in London gebracht wurden. Der Titel der 72 Bücher, die die Lehre von den Gestirnen behandeln, lautet: "Beobachtungen des Bel". Die Verfasser der babylonischen astrologischen Quellenwerke gehörten einer hohen Priesterkaste an.

[Q: Franz Boll, "Sternglaube und Sterndeutung" 4.Aufl., Leipzig 1931, S.14]

Babylon

Die ältesten Einwohner Babylons waren die arischen Sumerer, die den einwandernden Semiten ihren Sternglauben übermittelten. Die Sumerer hatten ein staatliches Leben mit festen Rechtsformen und eigener Kultur, sie entwickelten eine bildende Kunst und erfanden die Keilschrift. Die aus dem Norden eindringenden semitischen Akkader besiegten unter SARGON die Sumerer, aber die sumerische Sprache, Literatur und Kultur blieb erhalten.

HAMMURABI (um 1950 v.Chr.) vereinigte ganz Babylonien, das ursprünglich aus einer großen Anzahl von Stadtstaaten bestanden hatte, unter seinem Szepter. Aus dieser Zeit sind die ältesten Schriftdenkmäler.

Hammurabi hatte auch die große Hauptstadt Sumeriens, das prächtige Mari, am Ufer des Euphrats, zerstört. Das Louvre-Museum in Paris hat unter Leitung von André Parrot eine archäologische Expedition zwecks Ausgrabung dieser Stadt entsandt, die im Jahre 1934 wieder aufgefunden wurde. Parrot hat seine Entdeckungen in dem Buche "Villes enfouis" ("Vergrabene Städte") niedergelegt; ein neues Buch über "Mari, eine verlorene und im Jahre 1934 entdeckte Stadt" ist in Vorbereitung.

Um 1480 v.Chr. treten die Assyrier in Beziehungen zu den Babyloniern. Die semitischen Assyrier haben ihren Namen nach der ältesten Hauptstadt Assur, heute die Ruinenstätte Kileh Schergath am rechten Tigrisufer, etwa 13 Meilen südlich von Mossul. Ninive wird nun Hauptstadt des assyrischen Reiches.SANHERIB (705 - 681 v.Chr.) erweitert und verschönert Ninive. ASSURBANIPAL (669 - 625 v.Chr.) erbaute neue Paläste in Ninive und erobert 647 v.Chr. Babylon.

Zu Anfang des ersten vorchristlichen Jahrtausends überschwemmte von Südbabylonien aus das Volk der Chaldäer ganz Babylon und war bestrebt, sich zum alleinigen Herrn des Landes zu machen. Die erste Erwähnung der Chaldäer erfolgte unter ASURNAZIRPAL um 879 v.Chr. Dem Chaldäer NABOPOLASSAR gelang es, um 625 v.Chr. ganz Babylonien als unabhängiges Reich an die Chaldäer zu bringen.

Als im Jahre 606 v.Chr. Ninive fiel, ward das Neubabylonische oder Chaldäische Reich Assyriens Nachfolger in der Weltherrschaft. Das chaldäische Reich umfaßte außer Babylonien auch Mesopotamien und Syrien und erreichte seinen höchsten Glanz unter Nabopolassars Sohn NEBUKADNEZAR (604 - 561 v.Chr.), der im Jahre 587 das Reich Juda zerstörte und die Juden in die babylonische Gefangenschaft führte. Der letzte Chaldäerkönig war NABONETOS (555 - 538 v.Chr.), dessen Sohn BELSAZAR Oberbefehlshaber des babylonischen Heeres war. Im Alten Testament, Buch Daniel, Kap. 5, wird er als letzter babylonischer König genannt und erzählt, daß bei einem von ihm veranstalteten Festmahl eine unsichtbares Hand an die Wand des Festsaales die Worte geschrieben habe: "Mene, mene tekel u-phar-sin" (="Gezählt, gezählt, gewogen und zerstückelt"). Im Jahre 538 v.Chr. eroberte der Perserkönig KYROS Babylon, das von da ab eine Satrapie des Perserreiches wurde.

Da Babylon von uraltersher Heimat und Hauptsitz der Astronomie und Astrologie gewesen war [Alfred Jeremias, "Das Alter der babylonischen Astrologie", Leipzig 1909, 2.Aufl.] und auch nach dem Untergang des neubabylonischen Reiches blieb, wird das Wort "Chaldäer" im Sinne von Astrologen, Sterndeutern, Wahrsagern gebraucht.

Andere Ausdrücke für Astrologen waren: Babylonii, astrologi, Mathematici, genethliaci, planetarii; die Griechen nannten sie apotelesmatikoi. Die Kunst der Astrologen nannte man mathesis, astrologia, genethlialogia, meteorologia, apotelesmatike.

Ein chaldäischer Astrologe OSTHANES, aus dem Gefolge des Perserkönigs XERXES, soll um 480 v.Chr. die Astrologie nach Griechenland gebracht haben, wo sie nach CICERO schon um 400 v.Chr. sehr beliebt war.

Aus der chaldäischen Zeit ist bis heute erhalten und gilt auch heute noch als maßgebend die Saros-Periode, die zur Bestimmung der Sonnen- und Mondfinsternisse dient, die nach Verlauf dieser Periode in der nämlichen Ordnung und Größe wiederkehren. Die Saros-Periode umfaßt 65851/3 Tage oder 18 Julianische Jahre (zu 3651/4 Tagen) und 11 Tage, gleich 223 synodische Monate.

Aegypten

Das älteste Dokument über Astrologie aus Ägypten ist nach Gundel [Gundel in "Süddeutsche Monatshefte", 24. Jahrg., Heft 9, München 1927] die Inschrift auf einer Grabsäule des Astronomen HOR-KHEB, er könne ein Horoskop entwerfen, das in der Stellung der Gestirne begründet sei. Es stammt aus der 30. Dynastie, also aus dem 5.Jahrhundert v.Chr. Kalender astrologischen Inhalts wurden in den Grabmälern des 6. und 9. Ramses zu Theben gefunden [A.Häbler, "Astrologie im Altertum" S.10].

Aus der Zeit um 150 v.Chr. stammt das Werk, das dem König NECHEPSO und seinem Berater und Leibarzt PETOSIRIS zugeschrieben wird. Dieses in griechischer Sprache geschriebene Werk enthält neben dem babylonischen und altägyptischen Gut unzweifelhaft auch Elemente der griechischen Wissenschaft, vor allem die Anordnung der Planeten nach der Dauer ihrer Umläufe [Q: Franz Boll, "Sternglaube und Sterndeutung", Leipzig 1931]. Nechepso und Petosiris sollen erstmalig die Errichtung des Geburtshoroskops nach dem Thema mundi gelehrt haben.

Der Mathematiker HYPSIKLES reformierte die älteren Theorien in der Astrologie und schrieb um 170 v.Chr. "Anaphorikos", in dem er die erste allgemein richtige Definition der Polygonalzahlen und die Summenformel für arithmetische Progressionen gab und die Einteilung des Kreises in 360 Grad vornahm.

Die älteste erhaltene Tierkreiszeichnung ist der Tierkreis von DENDERA, der sich seit 1822 im ägyptischen Museum in Paris befindet. Dendera lag auf dem linken Nilufer, nördlich von Theben. Dort befand sich ein Tempel der ägyptischen Liebesgöttin Hathor, der seine jetzige Gestalt unter den letzten Ptolemäern und den ersten römischen Kaisern erhielt. Die Wandskulpturen stellen die im Opfern begriffenen römischen Kaiser Augustus, Tiberius Claudius und Nero dar. An der Decke einer kleinen Kapelle, die sich auf dem Dach des Haupttempels befindet, fand man den berühmten Tierkreis, der schon am äußeren Rande die Einteilung in Dekanate hatte.

Die Deckengemälde im Grabe des Königs Seti 1. haben astrologische Bedeutung [A. Wiedemann, "Das alte Ägypten", in Kulturgeschichtliche Bibliothek 1.Reihe, Band 2, 1920, S.361]. Das Britische Museum in London besitzt eine Anzahl auf Papyri geschriebener Horoskope. Die alten Ägypter benutzten zu Prophezeiungen hauptsächlich die sekundären oder Mond-Direktionen.
 

Griechenland

Schon im 5.Jahrhundert v.Chr. hatten die Griechen Kenntnis von verschiedenen Lehren der babylonischen Sterndeutung [W.Capelle, "Älteste Spuren der Astrologie bei den Griechen", S. 373 ff.].

Thales aus Milet

(624-543 v.Chr.); Erster Philosoph der sogenannten ionischen Schule. Seine Lehren zeichnete Aristoteles auf. Er ist der Erfinder der Geometrie und verstand es, die Höhe der Pyramiden aus dem Schatten zu messen (Apulejus in "Florida", lib.IV und Plinius in Hist. nat. XXXVI, 1). Thales war auch Astronom, der den Umlauf der Gestirne bestimmen und Sonnen- und Mondfinsternisse vorherzusagen wußte (Herodot 1,74). Nach Gundel [Wilhelm Gundel, "Sternglaube, Sternreligion und Sternorakel"; Leipzig 1933, S.66.] soll er "aus seinen astronomischen Beobachtungen" - und auf Grund seiner astrologischen Kenntnisse, was Gundel allerdings als Gegner der Astrologie schamhaft verschweigt - eine reiche Olivenernte schon im Winter vorausgesehen und deshalb durch Pachtung schnell alle Ölpressen in Milet und Chios an sich gebracht haben, wodurch er viel Geld verdient habe.

Pythagoras aus Samos

(582-500 v.Chr.) Er besuchte die Priesterschulen in Babylon und in Memphis (Ägypten). Er brachte die Astrologie nach Griechenland. Der Hauptsatz dieses Philosophen lautet: Alles ist Zahl. Da er selbst nichts geschrieben hat, sind wir für seine Lehren besonders auf die gelegentlichen Erwähnungen bei Platon und Aristoteles und etwa noch bei Philolaos angewiesen. Pythagoras kannte schon das Gesetz der Polarisation als allgemeines Naturgesetz. Sein Weltsystem ist geozentrisch, die Erde ruht unbewegt in der Mitte der sie umkreisenden sieben Planetensphären. Die Kopernikanische Weltlehre war durchaus keine falsa doctrina Pythagorica, wie das päpstliche Verbot sie am 5. März 1616 bezeichnete.

Heraklit aus Ephesus

(Um 500 v. Chr.) Er ist der bedeutendste der jonischen Naturphilosophen. Wegen der Dunkelheit seiner Lehre wurde er Skoteinos, der "Dunkle" genannt. Sein Werk "Über die Natur" wurde im Altertum sehr hoch geschätzt. Alles ist im Werden, "alles fließt".  Das Entstehen aller Veränderungan beruht auf Gegensatz, so daß der Krieg der Vater aller Dinge genannt wird. Über allem aber waltet das Gesetz der Notwendigkeit, das zugleich die Vernunft ist.

Anaxagoras aus Klazomenae

(500-428 v.Chr.) Philosoph, Freund des Perikles, und Lehrer des Euripides und Thukydides. Wegen seiner kosmologischen Ansichten wurde er des Atheismus angeklagt, aber durch Perikles von der Todesstrafe befreit. Er lehrte die Ungöttlichkeit der Natur, besonders der Himmelskörper. Nach Boll [Q: Franz Boll, "Sternglaube und Sterndeutung", Leipzig 1931, S.17] suchte er nicht religiöse Erbauung, noch weniger Unterwerfung unter ein am Sternhimmel geoffenbartes Schicksal, sondern vernunftgemäße Erkenntnis.

Euripides aus Salamis

(480-406 v.Chr.) Einer der drei großen griechischen Tragiker, dessen eherne Statue von den Athenern mit denen des Aischylos und Sophokles im Theater aufgestellt wurde. Er schrieb 92 Dramen. Das Schicksal erscheint Euripides nur noch als Zufall. Viermal war er Sieger im Wettkampf, was ihm schon als Knabe geweissagt war [Aulus Gellius, "Noctes atticae" XV, 20].

Sokrates aus Athen

(470-400 v.Chr.) Philosoph, dessen Lehren wir durch Platon, Xenophon und Aristoteles kennen. Er wurde des Abfalls von der Religion und der Einführung neuer Götter sowie der Verführung der Jugend zum Ungehorsam gegen Eltern und Staatsgesetze angeklagt und zum Tode verurteilt. Er wies die Gelegenheit zur Flucht zurück und trank den Giftbecher. Ein syrischer Magier soll ihm einen gewaltsamen Tod prophezeit haben. [Q: Franz Boll, "Sternglaube und Sterndeutung", Leipzig 1931, S.92]

Philolaos aus Kroton

(Um 430 v.Chr.) Er schrieb die bisher nur mündlich fortgepflanzten Lehren des Pythagoras nieder. Er lehrte, daß die Welt unvergänglich sei und daß die Welt sich im Kreise um ihre eigene Achse und um den Mittelpunkt des Alls bewege, um welches sich auch noch andere Weltkörper bewegen. Er soll ein ausgebildetes astrologisches System gelehrt haben [E.Frank "Plato und die sogenannten Pythagoreer", Halle 1923, S.281].

Hippokrates aus Kos

(460-359 v.Chr.) Der Vater der Heilkunde. Unter seinem Namen besitzen wir eine Sammlung von 72 Schriften, von denen der berühmte Arzt Galenos 13 als echt anerkannte. Am besten verbürgt sind seine berühmten Aphorismen. Er sagte: "Ein Mann, der unbekannt mit der Astrologie ist, verdient eher den Namen eines Toren als den eines Arztes". Hippokrates schuf die Elementenlehre.

Platon aus Athen

(429-348 v.Chr.) Philosoph, Schüler des Sokrates. Reiste nach Ägypten und mehrmals nach Italien. Gundel [Wilhelm Gundel, "Sternglaube, Sternreligion und Sternorakel"; Leipzig 1933, S.34] ist der Ansicht, daß "Plato für die Entwicklung dieses Sternglaubens im Abendlande das Fundament gebildet hat". Aus antiken Zeugnissen ist neuerdings bekannt geworden, daß ein Chaldäer Hörer und Schüler Platos war, und daß Plato in seinem reiferen Lebensalter einen Gastfreund aus Chaldäa beherbergte [Q: Franz Boll, "Sternglaube und Sterndeutung", Leipzig 1931, S.91].

Die Verbindung großer Weltkatastrophen mit dem Planetenlauf war Plato bekannt. Ebenso kannte er die Lehren der Chaldäer, welche Geburt und Tod des Menschen mit den Planeten in Beziehung brachten. Nach Boll [Q: Franz Boll, "Sternglaube und Sterndeutung", Leipzig 1931, S.94] hat Plato wirklich die Individualastrologie der Orientalen gekannt, und zwar sowohl die ägyptischen, als auch die babylonischen und iranischen Lehren.

Herakleides aus Heraklea am Pontos

(um 350 v.Chr.) Schüler des Platon und des Aristoteles. Platon übergab ihm sein Lehramt in der Akademie, während er nach Italien reiste. Er ist der erste, der die Achsendrehung der Erde vermutet hat. Er schrieb über den Hyleg.

Fortsetzung Teil 2 : Griechenland (Fortsetzung)
 

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